Alicia Kremser

Eine Flagge symbolisiert normalerweise die Manifestation einer bestimmten Herkunft, eines Ortes oder einer Zugehörigkeit. Diese Flagge existiert einzig, um zu der Umgebung zu gehören, in der sie gehisst wurde. Sie wirkt wie ein Spiegel – nicht in Echtzeit, sondern als Dokument ihrer ersten Begegnung mit Licht. Dieser Moment, allein durch natürliche Einflüsse gesteuert, endet mit der ersten Berührung des Regens. Die Flagge ist mit Cyanotypie beschichtet: Im Dunkeln sensibilisiert, beginnt sie sich zu verändern, sobald sie gehisst und dem Tageslicht ausgesetzt wird. Der Wind bestimmt, wie viel Fläche Licht einfängt, während in Falten liegende Teile des Stoffs unbelichtet und dadurch wasserlöslich bleiben. In ihrem unkontrollierbaren Erscheinungsbild einer stillen Zusammenarbeit zwischen menschlicher Intention und natürlicher Geste stellt die Flagge ein Sich-Heranwagen und ein Verstehen des Gegebenen dar. In ihrer materiellen Präsenz ist sie zugleich Ausdruck und Zeugnis dieses Moments der Verbundenheit. Das Werk entsteht ortsspezifisch und wird für jeden Standort erneut gefertigt, beschichtet und belichtet.

Das Kunstwerk wurde für „What the Flag?!“, eine Ausstellung des Very Contemoporary-Netzwerks, geschaffen und hängt bei Greylight Projects in Heerlen, Niederlande, wo es bis auf Weiteres zu sehen ist.